Discussion:
Kepler, Brahe und die elliptischen Bahnen
(zu alt für eine Antwort)
Uwe Hercksen
2009-03-23 15:39:46 UTC
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Hallo,

bekanntlich hat ja Johannes Kepler die Messungen von Tycho Brahe benutzt
um die nach ihm benannten Gesetze der Planetenbahnen zu finden. Brahe
hat zwar für seine Zeit sehr genaue Winkelmessungen der
Planetenpositionen ausgeführt, aber alles ohne Linsenfernrohre. Eine
Messung von Abständen konnte er mit seinen Mitteln doch wohl kaum
durchführen, selbst die ungefähre Bestimmung relativer
Abstandsänderungen eines bestimmten Planeten war ihm nicht möglich.

Wie konnte Kepler auf der Basis reiner Winkelmessungen seine Gesetze
bestimmen die ja auch Aussagen über die Abstände zwischen Sonne und
Planeten machen?

Die Idee von Edmond Halley bei einer Venuspassage den Abstand zwischen
Erde und Venus zu messen kam ja erst deutlich später und wurde erst über
100 Jahre nach Keplers Tod praktisch ausgeführt.

Bye
Norbert Marrek
2009-03-23 16:06:32 UTC
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Post by Uwe Hercksen
Hallo,
bekanntlich hat ja Johannes Kepler die Messungen von Tycho Brahe benutzt
um die nach ihm benannten Gesetze der Planetenbahnen zu finden. Brahe
hat zwar für seine Zeit sehr genaue Winkelmessungen der
Planetenpositionen ausgeführt, aber alles ohne Linsenfernrohre. Eine
Messung von Abständen konnte er mit seinen Mitteln doch wohl kaum
durchführen, selbst die ungefähre Bestimmung relativer
Abstandsänderungen eines bestimmten Planeten war ihm nicht möglich.
Wie konnte Kepler auf der Basis reiner Winkelmessungen seine Gesetze
bestimmen die ja auch Aussagen über die Abstände zwischen Sonne und
Planeten machen?
Nachdem der Mars einen Umlauf vollbracht hat, steht die Erde an einer
anderen Stelle als bei der ersten Messung.
Unter der Annahme einer (in erster Näherung) kreisförmigen Erdbahn
erhält man mit 2 Winkelmessungen und den Erdstandorten zwei
Peillinien zum Mars, wodurch man die Marsentfernung bestimmen kann.

Der Witz ist es eben, einen vollen Marsumlauf abzuwarten, damit
der Mars wieder an derselben Bahnstelle steht.

Aloha,
Norbert
Uwe Hercksen
2009-03-23 16:27:54 UTC
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Post by Norbert Marrek
Nachdem der Mars einen Umlauf vollbracht hat, steht die Erde an einer
anderen Stelle als bei der ersten Messung.
Unter der Annahme einer (in erster Näherung) kreisförmigen Erdbahn
erhält man mit 2 Winkelmessungen und den Erdstandorten zwei
Peillinien zum Mars, wodurch man die Marsentfernung bestimmen kann.
Der Witz ist es eben, einen vollen Marsumlauf abzuwarten, damit
der Mars wieder an derselben Bahnstelle steht.
Hallo,

aber der Abstand der beiden Erdstandorte ist ja noch nicht bekannt, man
konnte also nur das Verhältnis dieses Abstandes zur Marsentfernung
bestimmen.

Bye
Norbert Marrek
2009-03-23 16:37:18 UTC
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Post by Uwe Hercksen
Post by Norbert Marrek
Nachdem der Mars einen Umlauf vollbracht hat, steht die Erde an einer
anderen Stelle als bei der ersten Messung.
Unter der Annahme einer (in erster Näherung) kreisförmigen Erdbahn
erhält man mit 2 Winkelmessungen und den Erdstandorten zwei
Peillinien zum Mars, wodurch man die Marsentfernung bestimmen kann.
Der Witz ist es eben, einen vollen Marsumlauf abzuwarten, damit
der Mars wieder an derselben Bahnstelle steht.
Hallo,
aber der Abstand der beiden Erdstandorte ist ja noch nicht bekannt, man
konnte also nur das Verhältnis dieses Abstandes zur Marsentfernung
bestimmen.
Bye
Genau. Das 3. Keplersche Gesetz gibt ja auch nur Verhältnisse an.
Kepler kannte wohl nicht die absolute Marsentfernung.

Aloha,
Norbert
Uwe Hercksen
2009-03-24 08:55:17 UTC
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Post by Norbert Marrek
Nachdem der Mars einen Umlauf vollbracht hat, steht die Erde an einer
anderen Stelle als bei der ersten Messung.
Unter der Annahme einer (in erster Näherung) kreisförmigen Erdbahn
erhält man mit 2 Winkelmessungen und den Erdstandorten zwei
Peillinien zum Mars, wodurch man die Marsentfernung bestimmen kann.
Hallo,

aber damit ist doch noch nicht gezeigt das die Bahnen elliptisch sind.

Wenn man obiges Verfahren mehrfach wiederholt für verschiedene
Zeitpunkte im Erdjahr sollten sich aber Resultate ergeben die mit
kreisförmigen Bahnen für Erde und Mars nicht zu erklären sind. Daraus
dann die elliptische Bahn zu ermitteln dürfte mit den damaligen
Möglichkeiten der Berechnung schon sehr mühsam und zeitaufwendig gewesen
sein.

Bye
Norbert Marrek
2009-03-24 16:54:02 UTC
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Post by Uwe Hercksen
Post by Norbert Marrek
Nachdem der Mars einen Umlauf vollbracht hat, steht die Erde an einer
anderen Stelle als bei der ersten Messung.
Unter der Annahme einer (in erster Näherung) kreisförmigen Erdbahn
erhält man mit 2 Winkelmessungen und den Erdstandorten zwei
Peillinien zum Mars, wodurch man die Marsentfernung bestimmen kann.
Hallo,
aber damit ist doch noch nicht gezeigt das die Bahnen elliptisch sind.
Wenn man obiges Verfahren mehrfach wiederholt für verschiedene
Zeitpunkte im Erdjahr sollten sich aber Resultate ergeben die mit
kreisförmigen Bahnen für Erde und Mars nicht zu erklären sind. Daraus
dann die elliptische Bahn zu ermitteln dürfte mit den damaligen
Möglichkeiten der Berechnung schon sehr mühsam und zeitaufwendig gewesen
sein.
Ja, damals konnten die Leute noch rechnen und waren nicht durch TV
abgelenkt ;-) . Ausserdem hatte man doch einen Mäzen und evtl.
Rechenknechte.

Aloha,
Norbert
André Grafe
2009-03-23 17:23:57 UTC
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Post by Uwe Hercksen
Hallo,
bekanntlich hat ja Johannes Kepler die Messungen von Tycho Brahe benutzt
um die nach ihm benannten Gesetze der Planetenbahnen zu finden. Brahe
hat zwar für seine Zeit sehr genaue Winkelmessungen der
Planetenpositionen ausgeführt, aber alles ohne Linsenfernrohre. Eine
Messung von Abständen konnte er mit seinen Mitteln doch wohl kaum
durchführen, selbst die ungefähre Bestimmung relativer
Abstandsänderungen eines bestimmten Planeten war ihm nicht möglich.
Wie konnte Kepler auf der Basis reiner Winkelmessungen seine Gesetze
bestimmen die ja auch Aussagen über die Abstände zwischen Sonne und
Planeten machen?
Die Idee von Edmond Halley bei einer Venuspassage den Abstand zwischen
Erde und Venus zu messen kam ja erst deutlich später und wurde erst über
100 Jahre nach Keplers Tod praktisch ausgeführt.
Bye
Kepler hat IMHO nur die relativen Abstände ermittelt, also die
Verhältnisse der Abstände, die absoluten Abstände waren ihm unbekannt.
Er hat also die Abstände quasi ohne Einheit ermittelt.

MFG André
--
André Grafe
01239Dresden 51°00'27.10 N 13°47'43.02 E
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Uwe Hercksen
2009-03-24 08:47:45 UTC
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Post by André Grafe
Kepler hat IMHO nur die relativen Abstände ermittelt, also die
Verhältnisse der Abstände, die absoluten Abstände waren ihm unbekannt.
Er hat also die Abstände quasi ohne Einheit ermittelt.
Hallo,

das ist klar das er nur Aussagen über Verhältnisse der Abstände machte.

Bye
André Grafe
2009-03-24 09:32:55 UTC
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Post by Uwe Hercksen
Post by André Grafe
Kepler hat IMHO nur die relativen Abstände ermittelt, also die
Verhältnisse der Abstände, die absoluten Abstände waren ihm unbekannt.
Er hat also die Abstände quasi ohne Einheit ermittelt.
Hallo,
das ist klar das er nur Aussagen über Verhältnisse der Abstände machte.
Bye
In Deinem Posting steht aber auch folgender Satz: "Wie konnte Kepler auf
der Basis reiner Winkelmessungen seine Gesetze bestimmen die ja auch
Aussagen über die Abstände zwischen Sonne und Planeten machen?".
Kepler sagte nur der Abstand Sonne Venus ist rund 0,723 mal der Abstand
Sonne Erde. Er wusste aber nicht wie groß der Abstand Sonne Erde ist.
Kepler hat aus den Winkelmessungen die Umlaufzeiten der damals bekannten
Planeten ermittelt und daraus die Verhältnisse der Bahnen zueinander
errechnet.

MFG André
--
André Grafe
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Thomas Weisbach
2009-03-24 11:38:14 UTC
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Post by André Grafe
Kepler sagte nur der Abstand Sonne Venus ist rund 0,723 mal der Abstand
Sonne Erde. Er wusste aber nicht wie groß der Abstand Sonne Erde ist.
Kepler hat aus den Winkelmessungen die Umlaufzeiten der damals bekannten
Planeten ermittelt und daraus die Verhältnisse der Bahnen zueinander
errechnet.
IMHO nicht ganz korrekt. Mal ein wenig in meinen Aufzeichnung eines
Vortrages von Herrn Uffrecht (Buxtehude) kramend. Ich fass mal schnell
zusammen...

Aristarch hatte den Winkel Sonne-Erde-Mond bei Halbmond zu 87° gemessen
und daraus geschlussfolgert, dass die Sonne 19x weiter von der Erde
entfernt sein musste als der Mond. Auf der Grundlage des von
Eratosthenes gemessenen Erdumfangs bzw. Erdradius' kam dann Hipparch zu
der Aussage, dass der Mond etwa 56 Erdradien entfernt ist und die Sonne
etwa 1200 Erdradien.
Kepler muss diese Werte gekannt, ihnen aber nicht vertraut haben, denn
er regte eine Wiederholung der Aristarchschen Messung an. Allerdings
erfolgte die erst nach Keplers Tod durch Wendelin auf Mallorca und war
immer noch recht weit von den heutigen Werten weg. Wendelin berechnete
die Entfernung Erde-Sonne auf etwa 240x Erde-Mond (92 Mill. km)...


Mit freundlichen Grüßen
Thomas Weisbach
--
*Schulplanetarium Chemnitz* - www.planetarium-chemnitz.de
*Wir machen Unterricht zur Sternstunde*!
Tel. +49-(0)371-9099713 Fax +49-(0)371-9099719
Uwe Hercksen
2009-03-24 15:00:29 UTC
Permalink
Post by Thomas Weisbach
Aristarch hatte den Winkel Sonne-Erde-Mond bei Halbmond zu 87° gemessen
und daraus geschlussfolgert, dass die Sonne 19x weiter von der Erde
entfernt sein musste als der Mond. Auf der Grundlage des von
Eratosthenes gemessenen Erdumfangs bzw. Erdradius' kam dann Hipparch zu
der Aussage, dass der Mond etwa 56 Erdradien entfernt ist und die Sonne
etwa 1200 Erdradien.
Kepler muss diese Werte gekannt, ihnen aber nicht vertraut haben, denn
er regte eine Wiederholung der Aristarchschen Messung an. Allerdings
erfolgte die erst nach Keplers Tod durch Wendelin auf Mallorca und war
immer noch recht weit von den heutigen Werten weg. Wendelin berechnete
die Entfernung Erde-Sonne auf etwa 240x Erde-Mond (92 Mill. km)...
Hallo,

mal vergleichen, der Erdradius ist 6378 km, der Mondabstand ist 363,2
bis 405,5 Mm, der Abstand zur Sonne 147,1 bis 151,1 Gm.
Also beim Mond 56,94 bis 63,57 Erdradien, bei der Sonne 23063 bis 23691
Erdradien. Erde-Sonne zu Erde-Mond ergibt 405. Ist Dir bei der 1200
vielleicht eine Null verlorengegangen?

Die Werte von Hipparch und Wendelin wären Kepler bei der Berechnung
seiner Gesetze wohl eher hinderlich als hilfreich gewesen.

Bye
André Grafe
2009-03-24 16:10:04 UTC
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Post by Uwe Hercksen
Post by Thomas Weisbach
Aristarch hatte den Winkel Sonne-Erde-Mond bei Halbmond zu 87°
gemessen und daraus geschlussfolgert, dass die Sonne 19x weiter von
der Erde entfernt sein musste als der Mond. Auf der Grundlage des von
Eratosthenes gemessenen Erdumfangs bzw. Erdradius' kam dann Hipparch
zu der Aussage, dass der Mond etwa 56 Erdradien entfernt ist und die
Sonne etwa 1200 Erdradien.
Kepler muss diese Werte gekannt, ihnen aber nicht vertraut haben, denn
er regte eine Wiederholung der Aristarchschen Messung an. Allerdings
erfolgte die erst nach Keplers Tod durch Wendelin auf Mallorca und war
immer noch recht weit von den heutigen Werten weg. Wendelin berechnete
die Entfernung Erde-Sonne auf etwa 240x Erde-Mond (92 Mill. km)...
Hallo,
mal vergleichen, der Erdradius ist 6378 km, der Mondabstand ist 363,2
bis 405,5 Mm, der Abstand zur Sonne 147,1 bis 151,1 Gm.
Also beim Mond 56,94 bis 63,57 Erdradien, bei der Sonne 23063 bis 23691
Erdradien. Erde-Sonne zu Erde-Mond ergibt 405. Ist Dir bei der 1200
vielleicht eine Null verlorengegangen?
Die Werte von Hipparch und Wendelin wären Kepler bei der Berechnung
seiner Gesetze wohl eher hinderlich als hilfreich gewesen.
Bye
Hallo Uwe,
habe gerade Forschung aktuell im DLF gehört, und am Ende in der
Sternzeit ging es um Tycho Brahe, hier der Link zum mp3:
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2009/03/24/dlf_20090324_1657_3595f657.mp3

MFG André
--
André Grafe
01239Dresden 51°00'27.10 N 13°47'43.02 E
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Thomas Weisbach
2009-03-24 18:03:43 UTC
Permalink
Post by Uwe Hercksen
mal vergleichen, der Erdradius ist 6378 km, der Mondabstand ist 363,2
bis 405,5 Mm, der Abstand zur Sonne 147,1 bis 151,1 Gm.
Also beim Mond 56,94 bis 63,57 Erdradien, bei der Sonne 23063 bis 23691
Erdradien. Erde-Sonne zu Erde-Mond ergibt 405. Ist Dir bei der 1200
vielleicht eine Null verlorengegangen?
Eigentlich nicht... ;-)

Nochmal Aristarch: Bei Halbmond bilden Sonne, Erde und Mond ein rechtes
Dreieck mit dem rechten Winkel beim Mond. Aristarch maß den Winkel
Sonne-Erde-Mond zu 87°. Damit ergibt sich, dass die Sonne 19x weiter
entfernt ist als der Mond. Mach mal 'ne Skizze, dann siehst Du das
sofort...

Auf der Grundlage dieses Wertes errechnete dann Hipparch die von mir
genannten Entfernungen. Ich hab mal ein Bild abgelegt:
Loading Image...

Dieser Wert ist natürlich um Größenordnungen falsch. Das liegt aber an
dem von Aristarch gemessenen Winkel von 87°. Tatsächlich liegt dieser
Winkel bei 89°51', womit sich eine Sonnenentfernung von 381facher
Mondentfernung ergibt.

Das von Aristarch gemessene Verhältnis ist etwa um den Faktor 20 zu
klein. Damit wird natürlich auch die Entfernung zur Sonne von Hipparch
um den Faktor 20 falsch bestimmt. 1.200 x 20 = 24.000, was Deinen obigen
Werten entspricht.
--
Mit freundlichen Grüßen!

Thomas Weisbach
Homo Lykos
2009-03-24 22:36:34 UTC
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Post by Thomas Weisbach
Post by André Grafe
Kepler sagte nur der Abstand Sonne Venus ist rund 0,723 mal der Abstand
Sonne Erde. Er wusste aber nicht wie groß der Abstand Sonne Erde ist.
Kepler hat aus den Winkelmessungen die Umlaufzeiten der damals bekannten
Planeten ermittelt und daraus die Verhältnisse der Bahnen zueinander
errechnet.
IMHO nicht ganz korrekt. Mal ein wenig in meinen Aufzeichnung eines
Vortrages von Herrn Uffrecht (Buxtehude) kramend. Ich fass mal schnell
zusammen...
Aristarch hatte den Winkel Sonne-Erde-Mond bei Halbmond zu 87° gemessen
und daraus geschlussfolgert, dass die Sonne 19x weiter von der Erde
entfernt sein musste als der Mond. Auf der Grundlage des von Eratosthenes
gemessenen Erdumfangs bzw. Erdradius' kam dann Hipparch zu der Aussage,
dass der Mond etwa 56 Erdradien entfernt ist und die Sonne etwa 1200
Erdradien.
Kepler muss diese Werte gekannt, ihnen aber nicht vertraut haben, denn er
regte eine Wiederholung der Aristarchschen Messung an. Allerdings erfolgte
die erst nach Keplers Tod durch Wendelin auf Mallorca und war immer noch
recht weit von den heutigen Werten weg. Wendelin berechnete die Entfernung
Erde-Sonne auf etwa 240x Erde-Mond (92 Mill. km)...
Schön, dass es in dsa noch vernünftige, informative und meines Wissens auch
historisch korrekte Beiträge gibt! Die Sache mit Wendelin war mir nicht mehr
präsent, und ohne den Namen Wendelin findet man das nicht mehr leicht, wenn
man es mal vergessen hat; danke.

Nach einer kurzen Netzsuche fand ich nun noch folgende Referenz über die
Sonnenparallaxe (Tabelle 1, Seite 4):
http://www.didaktik.physik.uni-duisburg-essen.de/~backhaus/publicat/Sonnenentfernung.pdf
Leider fand ich in diesem Aufsatz jetzt aber keine Originalreferenzen; die
sollten immer dabei sein, wenn man so etwas schreibt! Man kann sie aber
vermutlich aus den angegebenen Sekundärreferenzen ermitteln. Nach dieser
Darstellung hat Kepler anhand der nicht erkennbaren Marsparallaxe 1618
erkannt, dass Aristarchs Wert um mindestens einen Faktor 3 zu klein sein
musste. Kepler scheint mir immer wieder der meist unterschätzte Grosse der
Wissenschaftsgeschichte zu sein! Eine Schande, dass man selbst im Jahre der
Astronomie - 400 Jahre nach dem Erscheinen der Astronomia Nova - nicht mehr
von ihm hört; gemessen an Kepler halte ich die Verdienste z.B. eines Galilei
für eher zweitrangig.

Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am gleichen
Ort (relativ zur Sonne) ist. Richtig ist aber, dass er mit dieser Methode
der Erdbahnbestimmung die Ellipsenform der Erdbahn wohl nie hätte finden
können. Die Ellipsenförmigkeit der Planetenbahnen erkannte er wohl
tatsächlich nur dank dem Umstande, dass die Marsbahn eine rel. grosse
Exzentrizität hat. Und dass er die Marsbahn besonders genau untersuchte bzw.
untersuchen musste, verdankte er Tycho Brahe. Wenn ich mich richtig
erinnere, war er anfänglich mit diesem Auftrag, den er zuerst total
unterschätzt hatte, gar nicht zufrieden: Er wollte seiner Weltharmonik wegen
sofort die Daten aller Planeten; manchmal behalten autoritäre Vorgestzte
unter dem Strich aber halt doch Recht. ... Ein kleiner Trost für alle sich
unterdrückt fühlenden Assistenten.


Homo Lykos
www.wolff.ch
--
Ceterum censeo: Zur Ehre Galileis,
zur Freude der Grossen der Physik von Planck, Einstein bis Heisenberg
ermögliche man auch wieder deutschsprachige Physikveröffentlichungen.
Oliver Jennrich
2009-03-24 23:03:18 UTC
Permalink
Post by Homo Lykos
musste. Kepler scheint mir immer wieder der meist unterschätzte Grosse der
Wissenschaftsgeschichte zu sein! Eine Schande, dass man selbst im Jahre der
Astronomie - 400 Jahre nach dem Erscheinen der Astronomia Nova - nicht mehr
von ihm hört;
Mir war so als wäre ihm zu Ehren ein gerade mit viel Tam-Tam gestarteter
Satellit zum Auffinden extrasolarer Planeten benannt worden. Aber das
ist dir wohl entgangen.
--
Space - The final frontier
Norbert Marrek
2009-03-24 23:02:43 UTC
Permalink
Homo Lykos schrieb:
...
Post by Homo Lykos
Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am gleichen
Ort (relativ zur Sonne) ist.
Richtig muss es doch heissen: Kepler hatte Punkte der MARSbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am
gleichen Ort (relativ zur Sonne) ist.
Post by Homo Lykos
Richtig ist aber, dass er mit dieser Methode
der Erdbahnbestimmung die Ellipsenform der Erdbahn wohl nie hätte finden
können.
Die Ellipsenform der Erdbahn hat er auch so nicht bestimmen können. Er
musste eine bestimmte Form der Erdbahn voraussetzen. Wäre die Erdbahn
sehr exzentrisch, dann hätte Kepler keine Chance gehabt, Punkte
der Marsbahn zu bestimmen.
Post by Homo Lykos
Die Ellipsenförmigkeit der Planetenbahnen erkannte er wohl
tatsächlich nur dank dem Umstande, dass die Marsbahn eine rel. grosse
Exzentrizität hat. Und dass er die Marsbahn besonders genau untersuchte bzw.
untersuchen musste, verdankte er Tycho Brahe. Wenn ich mich richtig
erinnere, war er anfänglich mit diesem Auftrag, den er zuerst total
unterschätzt hatte, gar nicht zufrieden: Er wollte seiner Weltharmonik wegen
sofort die Daten aller Planeten; manchmal behalten autoritäre Vorgestzte
unter dem Strich aber halt doch Recht. ... Ein kleiner Trost für alle sich
unterdrückt fühlenden Assistenten.
Aloha,
Norbert
Zweigeist
2009-03-25 00:00:07 UTC
Permalink
Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am
gleichen Ort (relativ zur Sonne) ist.
Richtig muss es doch heissen: Kepler hatte Punkte der MARSbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am
gleichen Ort (relativ zur Sonne) ist.
Post by Homo Lykos
Richtig ist aber, dass er mit dieser
Methode
der Erdbahnbestimmung die Ellipsenform der Erdbahn wohl nie hätte
finden können.
Die Ellipsenform der Erdbahn hat er auch so nicht bestimmen können. Er
musste eine bestimmte Form der Erdbahn voraussetzen. Wäre die Erdbahn
sehr exzentrisch, dann hätte Kepler keine Chance gehabt, Punkte der
Marsbahn zu bestimmen.
Post by Homo Lykos
Die Ellipsenförmigkeit der Planetenbahnen erkannte er wohl
tatsächlich nur dank dem Umstande, dass die Marsbahn eine rel. grosse
Exzentrizität hat. Und dass er die Marsbahn besonders genau untersuchte bzw.
untersuchen musste, verdankte er Tycho Brahe. Wenn ich mich richtig
erinnere, war er anfänglich mit diesem Auftrag, den er zuerst total
unterschätzt hatte, gar nicht zufrieden: Er wollte seiner Weltharmonik wegen
sofort die Daten aller Planeten; manchmal behalten autoritäre
Vorgestzte unter dem Strich aber halt doch Recht. ... Ein kleiner Trost
für alle sich unterdrückt fühlenden Assistenten.
Das Problem Keplers war doch, daß er gegen die erfolgreiche
Epizyklentheorie antrat. Seine Vorhersagen waren schwach. Die
Epizyklentheorie konnte alles (Sonnenfinsternis etc) besser.

Kepler hatte das Problem, daß seine Theorie "neu" war, keine Erfolge
vorzeigen konnte und letztlich nur konzeptionell einfach war, jedoch
nicht präzise. Die Epizyklentheorie hatte Erfolge vorzuzeigen.

Tschau
--
Walter
Thomas Schmidt
2009-03-25 09:48:57 UTC
Permalink
Das Problem Keplers war doch, daß er gegen die erfolgreiche
Epizyklentheorie antrat. Seine Vorhersagen waren schwach. Die
Epizyklentheorie konnte alles (Sonnenfinsternis etc) besser.
Das verwechselst du mit Kopernikus. _Dessen_ Ephemeriden waren nicht
besser als die des Ptolemäus. Keplers Ephemeriden lieferten ein

"fantastic improvement of nearly two orders of magnitude
in the prediction of planetary positions."
[O. Gingerich: The Eye of Heaven, AIP 1993, S. 333].

Tschau,
Thomas
--
-------------------------------------------------------------------
Thomas Schmidt e-mail: ***@hoki.ibp.fhg.de
Zweigeist
2009-03-25 11:13:44 UTC
Permalink
Post by Thomas Schmidt
Das Problem Keplers war doch, daß er gegen die erfolgreiche
Epizyklentheorie antrat. Seine Vorhersagen waren schwach. Die
Epizyklentheorie konnte alles (Sonnenfinsternis etc) besser.
Das verwechselst du mit Kopernikus. _Dessen_ Ephemeriden waren nicht
besser als die des Ptolemäus. Keplers Ephemeriden lieferten ein
"fantastic improvement of nearly two orders of magnitude in the
prediction of planetary positions." [O. Gingerich: The Eye of Heaven,
AIP 1993, S. 333].
Stimmt. Dank für die Korrektur. Ich hatte das nur so trüb im Zusammenhang
mit Galileos Theoriestreit in Erinnerung, wo die kirchlichen Astronomen
durchaus eine gute Position hatten.
Homo Lykos
2009-03-25 20:42:56 UTC
Permalink
Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am
gleichen Ort (relativ zur Sonne [und den Fixsternen]) ist.
Richtig muss es doch heissen: Kepler hatte Punkte der MARSbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am gleichen
Ort (relativ zur Sonne) ist.
Nein
Post by Norbert Marrek
Post by Homo Lykos
Richtig ist aber, dass er mit dieser Methode
der Erdbahnbestimmung die Ellipsenform der Erdbahn wohl nie hätte finden
können.
Die Ellipsenform der Erdbahn hat er auch so nicht bestimmen können. Er
musste eine bestimmte Form der Erdbahn voraussetzen. Wäre die Erdbahn
sehr exzentrisch, dann hätte Kepler keine Chance gehabt, Punkte
der Marsbahn zu bestimmen.
Doch (wie schon gesagt: Kepler wird immer wieder geradezu *masslos*
unterschätzt!): Benützt hat er aber den Flächensatz, noch bevor er dessen
Richtigkeit mittels der Beobachtungsdaten wirklich belegen konnte. Sein
erstes Gesetz war eigentlich, dass sich die Planeten auf rel. zu den
Fixsternen festen Ebenen bewegen, in denen die Sonne, die als zu den
Fixsternen ruhend angenommen wird (das war in praxi schon so etwas wie
Newtons absoluter Raum), liegt. Sein zweites Gesetz war dann der
Flächensatz, das dritte Gesetz der "Ellipsensatz", und erst das vierte
Gesetz - nach dieser Zählung - hatte schliesslich noch Umlaufzeiten und
Radien in Beziehung zueinander gesetzt. Erst dieses letzte Gesetz erlaubte
ihm aus der Marsparallaxe auf den Erd-Sonnenabstand zu schliessen.


Homo Lykos
www.wolff.ch
--
Ceterum censeo: Zur Ehre Galileis,
zur Freude der Grossen der Physik von Planck, Einstein bis Heisenberg
ermögliche man auch wieder deutschsprachige Physikveröffentlichungen.
Norbert Marrek
2009-03-25 23:22:25 UTC
Permalink
Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am
gleichen Ort (relativ zur Sonne [und den Fixsternen]) ist.
Richtig muss es doch heissen: Kepler hatte Punkte der MARSbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am gleichen
Ort (relativ zur Sonne) ist.
Nein
Aha. Wie das? Kannst Du das näher erläutern? Wie sollte er
aus Marsdaten die Daten für die Erdbahn erhalten?

...
Post by Homo Lykos
Radien in Beziehung zueinander gesetzt. Erst dieses letzte Gesetz erlaubte
ihm aus der Marsparallaxe auf den Erd-Sonnenabstand zu schliessen.
Na so ein Schmarrn. Wie soll er denn das gemacht haben?
Er bestimmte das Verhältnis Mars-Sonne zu die Erd-Sonne und keine
Absoluten Werte.

Analog könnte man heutzutage nach deiner Argumentation aus der Parallaxe
von Cygni61 auf den Erd-Sonne-Abstand schliessen und nicht auf die
Entfernung von Cygni61.
(Ob du nun Erd-Sonne oder Cygni61-Sonne als Grundeinheit wählst ist
dabei unerheblich. Es kommt nur auf das Verhältnis an.)

Aloha,
Norbert
Homo Lykos
2009-03-26 00:25:23 UTC
Permalink
Post by Norbert Marrek
Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am
gleichen Ort (relativ zur Sonne [und den Fixsternen]) ist.
Richtig muss es doch heissen: Kepler hatte Punkte der MARSbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am
gleichen Ort (relativ zur Sonne) ist.
Nein
Aha. Wie das? Kannst Du das näher erläutern? Wie sollte er
aus Marsdaten die Daten für die Erdbahn erhalten?
Aus geeigneten Winkelmessungen: Eine (praktische) Schwierigkeit liegt
allerdings darin, dass die Erde in einer solchen Winkelmessreihe bei jeweils
gleicher absoluter Marsposition, aber verschiedener Erdposition einmal so
stehen sollte, dass Mars gerade in Opposition ist.
Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Radien in Beziehung zueinander gesetzt. Erst dieses letzte Gesetz
erlaubte ihm aus der Marsparallaxe auf den Erd-Sonnenabstand zu
schliessen.
Na so ein Schmarrn. Wie soll er denn das gemacht haben?
Er bestimmte das Verhältnis Mars-Sonne zu die Erd-Sonne und keine
Absoluten Werte.
Si tacuisses, philosophus mansisses:

Das genannte Verhältnis ergibt sich aus dem dritten Gesetz, da die
Umlaufzeiten von Erde und Mars bekannt sind, und die Parallaxe liefert den
Absolutabstand Erde-Mars zur Zeit der Messung.


Homo Lykos
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Ceterum censeo: Zur Ehre Galileis,
zur Freude der Grossen der Physik von Planck, Einstein bis Heisenberg
ermögliche man auch wieder deutschsprachige Physikveröffentlichungen.
Ralf . K u s m i e r z
2009-03-26 01:59:50 UTC
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Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
Na so ein Schmarrn. Wie soll er denn das gemacht haben?
Er bestimmte das Verhältnis Mars-Sonne zu die Erd-Sonne und keine
Absoluten Werte.
Das genannte Verhältnis ergibt sich aus dem dritten Gesetz, da die
Umlaufzeiten von Erde und Mars bekannt sind, und die Parallaxe liefert den
Absolutabstand Erde-Mars zur Zeit der Messung.
Soso, die Parallaxe. Mit der Fehlerrechnung haben wir es nicht mehr
so?


Gruß aus Bremen
Ralf
--
R60: Substantive werden groß geschrieben. Grammatische Schreibweisen:
adressiert Appell asynchron Atmosphäre Autor bißchen Ellipse Emission
gesamt hältst Immission interessiert korreliert korrigiert Laie
nämlich offiziell parallel reell Satellit Standard Stegreif voraus
Homo Lykos
2009-03-26 21:28:14 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
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Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
Na so ein Schmarrn. Wie soll er denn das gemacht haben?
Er bestimmte das Verhältnis Mars-Sonne zu die Erd-Sonne und keine
Absoluten Werte.
Das genannte Verhältnis ergibt sich aus dem dritten Gesetz, da die
Umlaufzeiten von Erde und Mars bekannt sind, und die Parallaxe liefert
den Absolutabstand Erde-Mars zur Zeit der Messung.
Soso, die Parallaxe. Mit der Fehlerrechnung haben wir es nicht mehr
so?
Was soll das mit der Fehlerrechnung zu tun haben? Oder wollten Sie nur
darauf hinweisen, dass Kepler nur eine obere Grenze für die Parallaxe
gefunden hatte, die aber immerhin schon zeigte, dass Aristarchs
Sonnenabstandswert mindestens 3 mal zu klein war? Dann ist Ihnen aber obiger
Satz ganz böse missglückt.


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Ralf . K u s m i e r z
2009-03-27 02:07:01 UTC
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Post by Homo Lykos
Post by Ralf . K u s m i e r z
Post by Homo Lykos
Das genannte Verhältnis ergibt sich aus dem dritten Gesetz, da die
Umlaufzeiten von Erde und Mars bekannt sind, und die Parallaxe liefert
den Absolutabstand Erde-Mars zur Zeit der Messung.
Soso, die Parallaxe. Mit der Fehlerrechnung haben wir es nicht mehr
so?
Was soll das mit der Fehlerrechnung zu tun haben? Oder wollten Sie nur
darauf hinweisen, dass Kepler nur eine obere Grenze für die Parallaxe
gefunden hatte, die aber immerhin schon zeigte, dass Aristarchs
Sonnenabstandswert mindestens 3 mal zu klein war? Dann ist Ihnen aber obiger
Satz ganz böse missglückt.
Ich duze weiterhin. Wenn man mittels Parallaxe, also indirekt, eine
Entfernung bestimmt, dann sollte man wie eigentlich immer die
Genauigkeit der Entfernungsbestimmung angeben, was man
zweckmäßigerweise per Fehlerfortpflanzungsregel und Annahmen über die
Genauigkeit der ursprünglichen Messungen tut. Und da dürfte dann keine
so sonderlich berühmte Genauigkeit resultieren. Wobei ich mir jetzt
aber nicht so sicher bin, ob wir eigentlich dieselbe Parallaxe meinen
- falls es um die scheinbaren Marspositionen zu verschiedenen
Beobachtungszeiten geht, dann liefern die natürlich hinreichend
stumpfe Schnittwinkel, aber daraus resultieren natürlich auch nur
Abstände als Vielfache der AE.

Das 3. KG ergibt sich aber umgekehrt erst durch den Vergleich der so
bestimmten Abstände mit den bekannten Umlaufzeiten.

Woran ich erhebliche Zweifel anmelden wollte, war die Marsparallaxe
aufgrund des Erddurchmessers - das ist eine utopische Meßgenauigkeit.


Gruß aus Bremen
Ralf
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Homo Lykos
2009-03-27 21:42:24 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
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Post by Homo Lykos
Post by Ralf . K u s m i e r z
Post by Homo Lykos
Das genannte Verhältnis ergibt sich aus dem dritten Gesetz, da die
Umlaufzeiten von Erde und Mars bekannt sind, und die Parallaxe liefert
den Absolutabstand Erde-Mars zur Zeit der Messung.
Soso, die Parallaxe. Mit der Fehlerrechnung haben wir es nicht mehr
so?
Was soll das mit der Fehlerrechnung zu tun haben? Oder wollten Sie nur
darauf hinweisen, dass Kepler nur eine obere Grenze für die Parallaxe
gefunden hatte, die aber immerhin schon zeigte, dass Aristarchs
Sonnenabstandswert mindestens 3 mal zu klein war? Dann ist Ihnen aber
obiger Satz ganz böse missglückt.
....
Post by Ralf . K u s m i e r z
Woran ich erhebliche Zweifel anmelden wollte, war die Marsparallaxe
aufgrund des Erddurchmessers - das ist eine utopische Meßgenauigkeit.
Was sollte daran utopisch sein? Aber Cassini (und Richer), der erstmals
erfolgreich die Marsparallaxe mass, arbeitete mit gleichzeitigen Messungen
in Paris und Cayenne; das war etwa 70 Jahre nach Kepler, der die
Marsparallaxe 1618 (Jahrzahl kenne ich nur aus Sekundärliteratur) erfolglos
bei einer Marsopposition zu messen versucht hatte. Kepler wusste natürlich,
ab etwa welcher Grösse er die Parallaxe hätte sehen müssen und konnte darum
eine untere Grenze für den Sonnenabstand ableiten.

Im Netz fand ich jetzt noch einen Auszug aus der Astronomia Nova
(abgeschlossen 1607, erschienen 1609), wo er sich schon mit der
Marsparallaxe befasste. Da kann man sehen, wie mühsam dies damals halt noch
war, aber auch dass Kepler nicht nur Resultate angab, sondern jeden Schritt
ausführlich aufschrieb, was das Lesen halt für heutige Begriffe etwas mühsam
macht:

http://books.google.ch/books?id=fBy8ha40J-4C&pg=RA1-PA117&lpg=RA1-PA117&dq=Marsparallaxe&source=bl&ots=-k8K6TFA-3&sig=0CjWdyyWDrwJlmxsiSPpgPgOkjw&hl=de&ei=yT_NSeSzHMaEsAaG0sW9CA&sa=X&oi=book_result&resnum=4&ct=result#PRA1-PA117,M1

Aber ich möchte jedem empfehlen die Astronomia Nova doch zu kaufen; es geht
ja nicht darum alles gründlich zu lesen. Aber das meines Erachtens
wichtigste Astronomiebuch aller Zeiten, gehört einfach in den Buchschrank,
damit man sich mindestens punktuell auch selber ein Bild machen kann, wie
Kepler seine Gesetze fand. Ich meine, dass in der ganzen uns bekannten
Wissenschaftsgeschichte nie vorher und nie seither einem Einzelnen ein
derart gewaltiger Schritt praktisch ganz alleine gelang.


Homo Lykos
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zur Freude der Grossen der Physik von Planck, Einstein bis Heisenberg
ermögliche man auch wieder deutschsprachige Physikveröffentlichungen.
Norbert Marrek
2009-03-26 16:40:28 UTC
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...
Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
Aha. Wie das? Kannst Du das näher erläutern? Wie sollte er
aus Marsdaten die Daten für die Erdbahn erhalten?
Aus geeigneten Winkelmessungen: Eine (praktische) Schwierigkeit liegt
allerdings darin, dass die Erde in einer solchen Winkelmessreihe bei jeweils
gleicher absoluter Marsposition, aber verschiedener Erdposition einmal so
stehen sollte, dass Mars gerade in Opposition ist.
Was aber doch sehr zufällig wäre und nicht für die praktische
Verhältnisbestimmung eintrifft. Somit ist deine Vermutung der
Arbeitsweise Keplers eben falsch.
Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Radien in Beziehung zueinander gesetzt. Erst dieses letzte Gesetz
erlaubte ihm aus der Marsparallaxe auf den Erd-Sonnenabstand zu
schliessen.
Na so ein Schmarrn. Wie soll er denn das gemacht haben?
Er bestimmte das Verhältnis Mars-Sonne zu die Erd-Sonne und keine
Absoluten Werte.
Das genannte Verhältnis ergibt sich aus dem dritten Gesetz, da die
Umlaufzeiten von Erde und Mars bekannt sind, und die Parallaxe liefert den
Absolutabstand Erde-Mars zur Zeit der Messung.
Das ist ja auch so was von logisch: Kepler stellt sein 3. Gesetz auf,
basierend auf Messung und Berechnungen mit Hilfe des noch nicht
existierenden 3. Gesetze.

Liest du vorher, was du an Unsinn verzapfst?

Kepler bestimmt durch Messungen die relative Größe der Marsbahn
(und der der anderen Planetenbahnen) und konnte daraus sein 3. Gesetz
herleiten.

Aloha,
Norbert
Homo Lykos
2009-03-26 21:38:24 UTC
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Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
Aha. Wie das? Kannst Du das näher erläutern? Wie sollte er
aus Marsdaten die Daten für die Erdbahn erhalten?
Aus geeigneten Winkelmessungen: Eine (praktische) Schwierigkeit liegt
allerdings darin, dass die Erde in einer solchen Winkelmessreihe bei
jeweils gleicher absoluter Marsposition, aber verschiedener Erdposition
einmal so stehen sollte, dass Mars gerade in Opposition ist.
Was aber doch sehr zufällig wäre und nicht für die praktische
Verhältnisbestimmung eintrifft. Somit ist deine Vermutung der
Arbeitsweise Keplers eben falsch.
Ist sie nicht; kann jetzt aber nicht Referenzen suchen, da ich hier und
jetzt keinen Zugriff auf meine Bücher habe, und bei den vielen Marsmessdaten
Tychos ist das eben keineswegs sehr zufällig. Aber ab einem gewissen Punkt
seiner Theorieentwicklung hat er anders und einfacher gearbeitet, indem er
mit verschiedenen Bahnformen spielte (Kreis, Oval, Ellipse), wobei er aber
den Flächensatz immer als richtig annahm; begonnen hatte er natürlich mit
dem Kreis, bis er merkte, dass die Marsbahn kein Kreis sein kann.
Post by Norbert Marrek
Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
...
Post by Homo Lykos
Radien in Beziehung zueinander gesetzt. Erst dieses letzte Gesetz
erlaubte ihm aus der Marsparallaxe auf den Erd-Sonnenabstand zu
schliessen.
Das ist Quatsch, da haben Sie Recht.
Post by Norbert Marrek
Post by Homo Lykos
Post by Norbert Marrek
Na so ein Schmarrn. Wie soll er denn das gemacht haben?
Er bestimmte das Verhältnis Mars-Sonne zu die Erd-Sonne und keine
Absoluten Werte.
Das genannte Verhältnis ergibt sich aus dem dritten Gesetz, da die
Umlaufzeiten von Erde und Mars bekannt sind, und die Parallaxe liefert
den Absolutabstand Erde-Mars zur Zeit der Messung.
Das ist ja auch so was von logisch: Kepler stellt sein 3. Gesetz auf,
basierend auf Messung und Berechnungen mit Hilfe des noch nicht
existierenden 3. Gesetze.
Nehm ich zurück (siehe auch oben). Das ändert aber nichts daran, dass er
über die Marsparallaxe eine untere Grenze für den Sonnenabstand erhielt, die
3 mal grösser war als der alte Wert von Aristarch.


Homo Lykos
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Ceterum censeo: Zur Ehre Galileis,
zur Freude der Grossen der Physik von Planck, Einstein bis Heisenberg
ermögliche man auch wieder deutschsprachige Physikveröffentlichungen.
Uwe Hercksen
2009-03-25 12:51:14 UTC
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Post by Homo Lykos
Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am gleichen
Ort (relativ zur Sonne) ist. Richtig ist aber, dass er mit dieser Methode
der Erdbahnbestimmung die Ellipsenform der Erdbahn wohl nie hätte finden
können. Die Ellipsenförmigkeit der Planetenbahnen erkannte er wohl
tatsächlich nur dank dem Umstande, dass die Marsbahn eine rel. grosse
Exzentrizität hat. Und dass er die Marsbahn besonders genau untersuchte bzw.
untersuchen musste, verdankte er Tycho Brahe. Wenn ich mich richtig
erinnere, war er anfänglich mit diesem Auftrag, den er zuerst total
Hallo,

Bahnexzentrizität des Mars 0,093, der Erde 0,017, der Venus 0,007, des
Merkur 0,206, des Jupiter 0,048, des Saturn 0,056, des Uranus 0,047, des
Neptun 0,009, des Pluto 0,25, aber die Planeten ab Uranus kannte Kepler
natürlich noch nicht.
Wenn Kepler mit der Venus statt mit dem Mars angefangen hätte, dann
hätte er die Ellipsenform leicht übersehen können.

Bye
Homo Lykos
2009-03-25 20:26:56 UTC
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Post by Uwe Hercksen
Post by Homo Lykos
Dass Kepler z.B. - wie andere hier phantasiert haben - sozusagen darauf
angewiesen gewesen sei, dass die Erdbahn in sehr guter Näherung eine
Kreisbahn ist, stimmt nicht: Kepler hatte Punkte der Erdbahn unter der
Annahme bestimmt, dass Mars jeweils nach einem Marsjahr wieder am gleichen
Ort (relativ zur Sonne) ist. Richtig ist aber, dass er mit dieser Methode
der Erdbahnbestimmung die Ellipsenform der Erdbahn wohl nie hätte finden
können. Die Ellipsenförmigkeit der Planetenbahnen erkannte er wohl
tatsächlich nur dank dem Umstande, dass die Marsbahn eine rel. grosse
Exzentrizität hat. Und dass er die Marsbahn besonders genau untersuchte
bzw. untersuchen musste, verdankte er Tycho Brahe. Wenn ich mich richtig
erinnere, war er anfänglich mit diesem Auftrag, den er zuerst total
Hallo,
Bahnexzentrizität des Mars 0,093, der Erde 0,017, der Venus 0,007, des
Merkur 0,206, des Jupiter 0,048, des Saturn 0,056, des Uranus 0,047, des
Neptun 0,009, des Pluto 0,25, aber die Planeten ab Uranus kannte Kepler
natürlich noch nicht.
Wenn Kepler mit der Venus statt mit dem Mars angefangen hätte, dann hätte
er die Ellipsenform leicht übersehen können.
Ja, natürlich: Leseprobleme? ... Aber sein Vorgehen war eben (grundsätzlich)
nicht von der Annahme abhängig, dass die Erdbahn (fast) kreisförmig ist;
wichtig für sein Vorgehen war aber der Flächensatz, den er mit der
Sicherheit des grossen Entdeckers schon für richtig hielt bzw. als richtig
annahm, als er dies noch nicht wirklich belegen konnte. Ganz wichtig war
aber auch seine Annahme, die er von Anfang an praktisch als
selstverständlich voraussetzte, dass sich die Planeten in Ebenen bewegen, in
denen die Sonne, aber nicht die Erde liegt: der vermutlich erste klare
Beleg, dass das geozentrische System falsch sein muss; bei Kopernikus war
dies noch nicht so, und bei Aristarch bzw. Seleukos von Seleukia wissen wir
das nicht. Kopernikus kann aber eh nicht als von Aristarch unabhängiger
Entdecker des heliozentrischen Systems angesehen werden, da er Aristarchs
Modell aus der Literatur kannte, was er in älteren Fassungen seiner Arbeit
auch noch korrekt erwähnt hatte, später aber nicht mehr. Aristarch ist auch
insofern der viel bedeutendere Gelehrte als Kopenikus, als er die Mond- und
Sonnenentfernungen vermutlich erstmals gemessen und berechnet hatte, woraus
sich ergab, dass die Sonne viel grösser als Erde und Mond sein muss, was
möglicherweise der ursprüngliche Grund für sein neues Weltmodell war. Kepler
war dann nach heutigem Wissensstand der erste, der etwa 1900 Jahre später
eine bessere Entfernungsschätzung - genauer eine untere Grenze für den
Sonnenabstand - angeben konnte als Aristarch.

Dank der Rudolphinischen Tafeln, die wohl gegen 200 Jahre in Gebrauch
blieben, hatten Keplers Arbeiten auch einen unmittelbaren Nutzen, ganz
anders als z.B. die Arbeiten von Kopernikus oder sogar auch von Newton. Die
grosse Qualität dieser Tafeln beruhte natürlich primär auf Keplers Gesetzen,
aber natürlich auch auf den für damalige Verhältnisse hoch präzisen
Messungen von Tycho Brahe. Und für die gewaltige praktische Rechenarbeit
spielte der aus Lichtensteig stammende Jost Bürgi mit seiner
Logarithmenmethode eine wesentliche Rolle; die heutigen Lichtensteiger bzw.
die Verantwortlichen, die sein Denkmal schleifen liessen, halte ich
allerdings für seiner nicht würdig.


Homo Lykos
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Antworten
Welche Rolle spielte Johannes Kepler in der Astronomie?
gestartet 2007-06-21 00:17:16 UTC
astronomie & raumfahrt
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